Im letzten Sitzungsblock vor der Sommerpause hatten die Abgeordneten des Sächsischen Landtages noch ein straffes Programm. Tagesordnungspunkt 4 am 5. Juli hat gerade für die Beamtinnen und Beamten in Sachsen zahlreiche Veränderungen gebracht, über die wir hier informieren wollen. Nachzulesen ist das alles im 4. Dienstrechtsänderungsgesetz sowie in dem dazu gehörigen Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen. Wir haben es hier zusammengefasst.
Nachdem die Gespräche der Gewerkschaften mit Finanzminister Vorjohann im Frühjahr 2022 gescheitert sind, legte das Ministerium Ende 2022 einen Gesetzentwurf vor, in dem der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 4. Mai 2020 umgesetzt werden sollte. Das Bundesverfassungsgericht hatte gefordert, dass der Abstand zwischen niedrigster Besoldung und dem Grundsicherungsniveau einer 4-köpfigen Familie mindestens 15% betragen muss. Wie beim sächsischen Finanzminister zu erwarten war, wurden dabei lediglich die Mindestanforderungen umgesetzt, der Gesetzentwurf wurde von den Gewerkschaften heftig kritisiert.
In der Anhörung vom 8. März 2023 wurde diese Kritik auch nochmal allen Abgeordneten des Haushalts- und Finanzausschusses nahegebracht. Der Gesetzentwurf beseitigte aus unserer Sicht nicht den verfassungswidrigen Zustand und provozierte neue Klagen. Innerhalb der Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD wurde jetzt verhandelt, wie mit der massiven und berechtigten Kritik umgegangen werden soll.
Was stand drin?
Die Umsetzung des Tarifergebnisses von 2021, welches am 1. Dezember 2022 eine Erhöhung der Besoldung um 2,8 % vorsah. Durch die Verspätung des Finanzministeriums wurde nicht im Dezember ausgezahlt, sondern erst im März 2023. Das ist jetzt der formelle Beschluss des Landtages dazu.
In Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes wird die unterste Besoldungsstufe A4 gestrichen. Künftig ist die unterste Besoldungsgruppe in Sachsen die A5, von der der Vergleich mit dem Grundsicherungsniveau erfolgt.
Der kindbezogene Familienzuschlag wird für das dritte und jedes weitere Kind um 147 € angehoben.
Der Beihilfebemessungssatz wird je nach Familienstellung verändert. Ab einem Kind wird auf 70% erhöht, bei zwei und mehr auf 90%. Nicht erwerbstätige Angehörige sollten sogar bis zu 100% in eine Art Familienversicherung aufgenommen werden können, was aber in der Privaten Krankenversicherung gar nicht funktioniert. Dies wurde dann im Gesetzgebungsverfahren auch korrigiert.
Zudem musste es Nachzahlungen geben, die nach dem Wunsch des Finanzministers nur diejenigen bekommen sollten, die ab 2012 Widerspruch gegen die nicht amtsangemessene Alimentation eingelegt hatten. Auch dieser Punkt wurde teilweise geändert.
Umfangreicher Änderungsantrag
Nach mehreren Monaten Diskussion wurde sich innerhalb der Regierungskoalition auf einen umfangreichen Änderungsantrag mit deutlichen Verbesserungen verständigt.
Für die Jahre 2020 bis 2023 erhalten alle Beamtinnen und Beamte, die die Voraussetzungen erfüllen, eine Nachzahlung – unabhängig davon, ob sie Widerspruch eingelegt haben oder nicht. Die Höhe sieht wie folgt aus:
im Kalenderjahr | für den berücksichtigungsfähigen Ehegatten/Lebenspartner | je berücksichtigungsfähiges Kind |
2020 | 330,39 Euro | 47,25 Euro |
2021 | 357,32 Euro | 48,46 Euro |
2022 | 366,28 Euro | 49,60 Euro |
2023 | 373,78 Euro | 50,55 Euro |
Für die Jahre 2011 bis 2019 erhalten nur diejenigen eine Nachzahlung, die Widerspruch eingelegt haben. Die jeweiligen Nachzahlungswerte sind im Gesetzentwurf enthalten.
Weitere wichtige Änderung ist, dass die Mitversicherung von nicht erwerbstätigen Familienangehörigen über die Beihilfe auf 90% gedeckelt wird. Damit werden weiterhin Anwartschaftsversicherungen möglich, die oftmals für einen vollen privaten Krankenversicherungsschutz nötig sind.
Und noch ein Erfolg unserer gewerkschaftlichen Bemühungen: Der Selbstbehalt, der in der gesetzlichen Krankenversicherung schon lange gestrichen war, wird jetzt endlich auch für die Beamtinnen und Beamten in Sachsen gestrichen.
Wichtigste Änderung ist die Einführung der pauschalen Beihilfe, also der echten Wahlfreiheit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung für Beamtinnen und Beamte. Das gilt leider nur für neu eingestellte Beamtinnen und Beamte und für diejenigen, die schon jetzt in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geblieben waren.
Die Beihilfestelle übernimmt ab 1.1.2024 die Arbeitgeberbeiträge in der GKV, so dass jetzt die hälftige Finanzierung der Beiträge gesichert ist
Insgesamt ein großer Erfolg unserer jahrelangen Bemühungen als DGB-Gewerkschaften für die Pauschale Beihilfe.
In einem Entschließungsantrag forderte die Regierungskoalition den Finanzminister auf, mit den Gewerkschaften über eine Reform der Besoldung in Sachsen zu verhandeln. Dies soll bis zum 1.7.2025 erfolgen. Ein Thema, welches wir seit den wegweisenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes immer wieder mit den Finanzministern des Freistaates diskutiert haben. Aber immer, wenn es konkret werden sollte, dann wurde mal wieder verschoben. Es gibt Unwuchten im sächsischen Besoldungssystem: so werden junge Beamtinnen und Beamte im Bundesvergleich schlecht bezahlt, während Ältere sehr gut bezahlt werden. Bei den demografischen Veränderungen, die vor uns liegen, muss sich da was ändern.
Zweiter Punkt ist die Aufforderung der Abgeordneten des Landtages an den Finanzminister, die Notfallsanitäterzulage von 3 auf 4€ pro Einsatzstunde zu erhöhen.
Unser gewerkschaftlicher Einsatz hat sich gelohnt. Ob die sächsische Regelung zur amtsangemessenen Alimentation den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichtes genügt, werden wohl erst Gerichte entscheiden. Aber die Sparversion von Finanzminister Vorjohann hat sich nicht durchgesetzt. In vielen Punkten haben die Abgeordneten den Finanzminister korrigieren müssen, ja, quasi zwingen müssen, wie bei der Pauschalen Beihilfe. Das Parlament hat gezeigt, dass Gesetze der Regierung nicht einfach abgenickt werden. Eine Sternstunde der Demokratie!
DGB Sachsen/canva