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Wie bauen wir Europa um, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr davon haben – sozial, gerecht und solidarisch? Fragen wie diese erörtern Abgeordnete und Kandidatinnen sowie Kandidaten für das Europäische Parlament am Freitag und Samstag auf Einladung der Gewerkschaften aus Sachsen, Tschechien und Polen.
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"Besonders interessant ist das mit Blick auf den EU-Beitritt von Tschechien und Polen vor 15 Jahren", sagte Sachsens DGB-Chef Markus Schlimbach. "Wir Gewerkschaften machen uns seit Beginn permanent stark für eine Angleichung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in unseren drei Ländern auf hohem Niveau." Die Unterschiede seien aber immer noch beträchtlich – bei Löhnen, Arbeitszeit oder sozialer Sicherheit. Auch die grenzüberschreitende Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern finde häufig nicht zu fairen Bedingungen statt, so Schlimbach. "Das muss sich ändern, und das können wir nur gemeinsam schaffen", sagte Schlimbach.
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Peter Scherrer, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes, unterstrich: "Mit Zusammenhalt und Gerechtigkeitssinn müssen wir jede Art von Spaltung übertrumpfen. Europa ist mehr als die Summe von Einzelinteressen. Wir wollen Fortschritt für alle."
Dr. Cornelia Ernst (LINKE) ist Mitglied des Europaparlaments und kandidiert erneut. "Machen wir uns stark für ein soziales Europa", sagte sie. Wirtschaftliche Interessen dürften nicht Vorrang vor den sozialen Bedürfnissen der Europäer haben. Zudem gelte es, die Migrationsregeln zu modernisieren. "Ich will keine Grenzkontrollen, nirgends. Im Parlament haben wir Linken nachdrücklich für die Reform der bestehenden Dublin-Regeln gekämpft. Das bleibt unser Ziel auch für die neue Legislaturperiode", sagte Ernst.
Anna Cavazzini, Europawahl-Kandidatin von B90/GRÜNE, sagte: "Handelsfragen werden in der EU mit größerer Priorität behandelt als soziale Fragen. Mein Traum von Europa ist, das dies grundlegend anders wird."
"Wir brauchen eine handlungsfähige europäische Arbeitsbehörde", gab Hanjo Lucassen, Gründungsmitglied des IGR Elbe-Neiße, den Kandidaten für das Europaparlament mit auf den Weg.
"Europa ist die Chance, von unserem Kontinent ausgehend Veränderungen in der Welt zu bewirken. Die Unterschiede im Einkommensniveau der Menschen in Ost- und Westeuropa sind Quelle großer Unzufriedenheit. Da müssen wir ansetzen", sagte der SPD-Kandidat zur Europawahl, Matthias Ecke.
Trotz aller Bemühungen seien die Einkommensunterschiede zwischen Sachsen und Tschechien unerträglich hoch, kritisierte Josef Stredula, Chef des tschechischen Gewerkschaftsdachverbands CMKOS. "Die Bezahlung muss mit der steigenden Leistung Schritt halten", so Stredula. Zudem wies er darauf hin, dass das Lohngefälle besonders in Osteuropa einen Sog des Arbeitskräftestroms nach Westen verursache. "Da gibt es regelrechte Sklaverei-Verhältnisse", sagte er und forderte: "Eröffnen Sie in Europa eine Diskussion über Gesellschaft 4.0. Führen Sie europaweit gültige Mitbestimmungsprinzipien ein, dann können wir Gewerkschaften besser für mehr Gerechtigkeit sorgen", sagte Stredula an die Europa-Kandidaten gewandt.
Dr. Peter Jahr, MdEP CDU, EVP-Fraktion, stellte fest: "Wenn Bürgerinnen und Bürger EU-weit das Gefühl sozialer Ungerechtigkeit haben, fliegt uns der Laden um die Ohren." Wichtig sei, dass die polnischen und tschechischen Beschäftigten eine deutliche Entwicklung ihrer Einkommen sehen, so Jahr.
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