Deutscher Gewerkschaftsbund

21.01.2013

Tariflöhne und -gehälter 2012: Höhere Abschlüsse und ein reales Plus von 0,7 Prozent

Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung

Die Tarifabschlüsse lagen im vergangenen Jahr erneut über denen des Vorjahres. Die Tarifsteigerungen, die im Jahr 2012 vereinbart wurden und in Kraft traten, beliefen sich im Schnitt auf 3,9 Prozent (2011: 3,0 Prozent). Nullmonate sowie Pauschal- und Einmalzahlungen spielten nur noch eine geringe Rolle, es wurden zumeist für (fast) die gesamte Laufzeit der neuen Verträge dauerhafte Tarifanhebungen vereinbart.

Rechnet man die Abschlüsse mit ihren unterschiedlichen Laufzeiten auf das Jahr um und berücksichtigt auch die länger laufenden Abschlüsse aus dem Vorjahr, dann ergibt sich insgesamt ein kalenderjährlicher Anstieg der nominalen Tariflöhne und -gehälter 2012 von durchschnittlich 2,7 Prozent (2011: 2,0 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt die Bilanz der Tarifpolitik des Jahres 2012, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt. Die Spannweite reicht von 3,3 Prozent im Investitionsgütergewerbe bis zu 2,0 Prozent im Finanzdienstleistungssektor (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser Pressemeldung; Link unten).

Diese positive Entwicklung hat sich auch auf die Entwicklung der Realeinkommen niedergeschlagen. "Anders als im Vorjahr sind die tariflichen Grundvergütungen 2012 real wieder gestiegen", sagt Dr. Reinhard Bispinck, Leiter des WSI-Tarifarchivs. Da sich die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr um 2,0 Prozent erhöhten, ergibt sich im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ein realer Anstieg der Tariflöhne und -gehälter um 0,7 Prozent.

Bei den effektiven Bruttoeinkommen fiel der Zuwachs fast genauso hoch aus: Die Bruttolöhne und -gehälter sind im vergangenen Jahr nominal je Arbeitnehmer/-in um 2,6 Prozent gestiegen, preisbereinigt bedeutet dies einen Anstieg um 0,6 Prozent.

Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass sich die Tariflöhne insgesamt stärker entwickelt haben als die Effektivlöhne. Allerdings ging die Reallohnsteigerung lediglich in einem Jahr über 2 Prozent hinaus (siehe Grafik 2 in der pdf-Version).

Insgesamt schlossen die DGB-Gewerkschaften in Deutschland im vergangenen Jahr Lohn- und Gehaltstarifverträge für gut 8,9 Mio. Beschäftigte ab, darunter etwa 7,9 Mio. in den alten und knapp 1,1 Mio. in den neuen Bundesländern. Die Laufzeit der Verträge beträgt durchschnittlich 18,0 Monate und liegt damit deutlich niedriger als im Vorjahr mit 22,8 Monaten. Für weitere 8,6 Mio. Beschäftigte traten im Jahr 2012 Erhöhungen in Kraft, die bereits 2011 oder früher vereinbart worden waren.

Die Tarifrunde 2013 hat bereits begonnen: Verhandelt wird in Kürze im öffentlichen Dienst (Länder) sowie bei der Deutschen Bahn und einigen Energiekonzernen. Im Februar folgt die Eisen- und Stahlindustrie, Ende März das Bauhauptgewerbe, das Versicherungsgewerbe und erste Bereiche des Einzel-, Groß- und Außenhandels. Ende April stehen die Verträge in der Metall- und Elektroindustrie auf dem Tarifkalender. Die vorliegenden Tarifforderungen der Gewerkschaften bewegen sich zwischen 5,0 und 6,5 Prozent.

Die ökonomische Ausgangssituation für die Tarifrunde 2013 ist nach Auffassung des WSI-Tarifexperten zurzeit noch offen. Die Prognosen deuten auf eine Abschwächung der Konjunktur im ersten Halbjahr hin, aber anschließend könnte es zu einer wirtschaftlichen Belebung kommen. "Vor diesem Hintergrund und angesichts des krisenhaften Umfeldes in vielen europäischen Ländern kommt einer dauerhaften Stärkung der Binnennachfrage gerade in Deutschland aktuell eine besondere Bedeutung zu", sagt WSI-Tarifexperte Bispinck. "Die Tarifpolitik kann dazu einen aktiven Beitrag leisten."


Nach oben

Themenverwandte Beiträge

Artikel
Zukunftskonferenz: »Wir verändern Sachsen – Mitbestimmung, Transformation, Zukunft«
Mehr als 150 Betriebs- und Personalräte haben am 22. März 2024 in Dresden an unserer Zukunftskonferenz teilgenommen. Spannende Vorträge und heiße Diskussionen! Hier findet ihr die Vorträge und viele Bilder von der Konferenz. Danke an alle, die dabei waren und sich jeden Tag für eine bessere Arbeitswelt einsetzen! weiterlesen …
Pressemeldung
Von Lohngerechtigkeit kann keine Rede sein. Kreis Görlitz und Erzgebirgskreis bundesweit Schlusslicht bei Entgelten
Wir müssen in Sachsen endlich aus dieser Billiglohn-Nummer rauskommen. Sonntagsreden über die Wichtigkeit von Tarifverträgen und die vermeintlich hohe Attraktivität Sachsens für Fachkräfte aus dem In- und Ausland nerven, wenn sie mit der Realität und dem Handeln nichts zu tun haben. Gute Löhne gibt es nur mit Tarifverträgen und die müssen in Sachsen endlich zur Normalität werden. Zur Pressemeldung
Pressemeldung
DGB Sachsen mahnt Rückkehr der Sächsischen Staatsregierung zur Sachpolitik an.
Die Streitereien und vor allem die Blockadehaltung der CDU bieten ein desaströses Bild. Sachsen muss zur Sachpolitik zurückkehren! Beim Strukturwandel, bei der Transformation, bei der Gesundheitsversorgung, bei der Bildung, bei der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen vor allem auch im ländlichen Raum und vielen weiteren Themen ist eine tragfähige Zukunftsvision für Sachsen notwendig. Zur Pressemeldung