Deutscher Gewerkschaftsbund

15.11.2022
#aktuell

Finanzministerium vertrödelt Übertragung des Tarifergebnisses TV-L: Beamtenbesoldung steigt in Sachsen ab 1.12.2022 um 2,8 % – theoretisch

Dass der Landtag die Tarifangleichung beschließen wird, ist reine Formsache. Dass die Besoldungserhöhung auch tatsächlich am 1.12.2022 auf den Konten der Beamtinnen und Beamten landet, kann hingegen ausgeschlossen werden.

So jedenfalls muss man die Informationen aus dem Finanzministerium (SMF) interpretieren, die im Rahmen einer Anhörung Anfang Oktober dort getätigt wurden. Das SMF wollte unbedingt, dass die Übertragung des Tarifergebnisses Teil des umfangreichen Gesetzespaketes zur „amtsangemessenen Alimentation“ ist.

Das gesamte Paket verzögerte sich stark, umfangreiche Berechnungen waren nötig. Nach der Anhörung muss es erst noch mal durch’s Kabinett, bevor es an den Landtag weitergeleitet wird. Wir gehen davon aus, dass mit einer (rückwirkenden) Zahlung nicht vor März/April 2023 zu rechnen ist. Das ist für uns nicht hinnehmbar. Schließlich hatte die Verwaltung ein Jahr Zeit, um die Anhebung nach Tarif vorzubereiten und ein zeitlich passendes Verfahren zu wählen. Das ist nicht passiert.

Nach unserer Auffassung besteht jedoch wie in der Vergangenheit die Möglichkeit, die Auszahlung „unter Vorbehalt des Inkraft-Tretens des Gesetzes“ auch schon zum Zeitpunkt der Erhöhung (1.12.22) zu zahlen, gerade kurz vor Weihnachten, wo durch die aktuell immens hohen Energie- und Lebensmittelpreise jeder Euro gebraucht wird. Das erwarten wir vom SMF und der Regierungskoalition!

Verfassungskonforme Alimentation?

Gemäß Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit § 19 des Sächsischen Besoldungsgesetzes (SächsBesG) und § 80 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes (SächsBeamtVG) sind die Besoldung der Beamt*innen, Richter*innen sowie die Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger*innen regelmäßig an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen.

Durch zeit- und wirkungsgleiche Übertragung der Tarifabschlüsse will der Gesetzgeber so eigentlich seine Verpflichtung erfüllen.

Die Bezüge der Besoldungs- und Versorgungsempfänger*innen sollen entsprechend der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder vom 29.11.2021 wie folgt angepasst werden:

  • ab 1.12.22 steigen die Grundgehaltssätze, der Familienzuschlag und die Amtszulagen um 2,8 %;
  • Anwärtergrundbeträge steigen um 50 Euro.

Weitere offene Fragen:

  • Wirkungsgleiche Übertragung im Gesundheitsbereich: durch die Vereinbarung von mehreren Zusatz- und Sonderregeln für bestimmte Berufsgruppen in Krankenhäusern im TV-L kam die Forderung auf, zumindest für die Gruppe der verbeamteten Notfallsanitäter*innen bei der Feuerwehr die Notfallsanitäterzulage zu erhöhen. Das ist bisher nicht vorgesehen. Auch hier muss nachgebessert werden.
  • Eine Regelung zur sogenannten „pauschalen Beihilfe“ (eine Verabredung im Koalitionsvertrag, nach der sich Beamt*innen ohne Nachteile gesetzlich krankenversichern können) sucht man in den Regelungen dieser komplexen Umgestaltung von Beamten- und Besoldungsgesetzen leider vergeblich. Bleibt zu hoffen, dass bei der Befassung im Landtag noch eine Lösung gefunden wird.
  • Energiepreispauschale: Fast alle Bundesländer haben bereits eine Regelung oder wenigstens eine Absichtserklärung verkündet, dass die 300 Euro Energiepreispauschale auch den Versorgungsempfänger*innen ausgezahlt werden sollen. Auch dazu gibt es bisher nur eisiges Schweigen aus dem SMF.

 

[Hier steht das Flugblatt zum Download bereit:]


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