Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Juli 2020 wurden zwei Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. Mai 2020 bekannt, in denen das Gericht seine bisherige Rechtsprechung zur amtsangemessenen Alimentation von Beamt:innen, Richter:innen sowie Staatsanwält:innen präzisiert hat.
Danach muss das Besoldungsniveau bei mindestens 115% der Grundsicherung liegen. Für die Berechnung sind alle Elemente des Lebensstandards konkret und realitätsgerecht zu berücksichtigen (d.h. regionale Unterschiede sind zu beachten; keine Pauschalierungen auf durchschnittlichem Niveau).
Bei der Alimentation kinderreicher Familien ist der Bedarf der Kinder eigenständig zu ermitteln und zu besolden (das jeweilige Grundsicherungsniveau umfasst neben dem Regelsatz alle Elemente des Lebens, wie z.B. anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben).
Leitsätze und tragende Gründe der – in diesem Fall zum Landesrecht Berlin und Nordrhein-Westfalen – ergangenen Entscheidungen des BVerfG erwachsen in Rechtskraft und sind daher auch für Sachsen relevant.
Bereits bei überschlägiger Betrachtung der oben dargestellten grundsätzlichen Feststellungen des BVerfG erscheint es naheliegend, dass auch die sächsische Besoldungstabelle in der jetzigen Fassung nicht verfassungskonform ist. Denn aufgrund des auf die gesamte Besoldungstabelle ausstrahlenden Abstandsgebots können fehlende Abstände zwischen Grundsicherungsniveau und bspw. A4-Besoldung Auswirkungen auf die gesamte Besoldungstabelle haben.
Rund 10.000 Widersprüche gegen die Besoldung 2011 bis 2019 werden beim Landesamt für Steuern und Finanzen (LSF) bereits geführt. Ende Mai hat das LSF den Widerspruchsführern mitgeteilt, die Widersprüche bis zur Entscheidung des BVerfG über die Vorlagebeschlüsse des VG Chemnitz vom 8. November 2018 ruhend zu stellen, sofern die Widerspruchsführer damit einverstanden sind.
Zur Rechtswahrung empfehlen wir daher allen Beamtinnen und Beamten in Sachsen: