Deutscher Gewerkschaftsbund

03.03.2022
#aktuell

Beschäftigung sozial absichern! Minijobs stoppen – nicht ausbauen!

Minijobs bedeuten in der Regel Niedriglöhne, fehlende soziale Absicherung, keine berufliche Perspektive und führen in die Altersarmut. Der Übergang von einem Minijob in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist selten und wie das IAB unlängst festgestellt hat, verdrängen Minijobs reguläre Beschäftigung.

Umso unverständlicher ist, dass die Bundesregierung plant, die Minijob-Grenze von 450 Euro auf 520 Euro anzuheben und sie an den Mindestlohn zu koppeln. Das heißt, die Verdienstgrenze soll mit dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechend steigen. Das lehnen wir ab! Minijobs sollten nicht ausgebaut, sondern gestoppt werden.

Geringfügig entlohnte Beschäftigte in Sachsen

Nach aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit waren zum 31.06.2021 in Sachsen 208.340 Personen geringfügig entlohnt beschäftigt. In absoluten Zahlen sind die meisten Minijobs in den Städten Leipzig und Dresden. Prozentual machen sie in Sachsen 11,8% der Beschäftigten aus. Der höchste Anteil an den Beschäftigten ist mit 13,0% im Erzgebirgskreis, der niedrigste mit 10,3% im Landkreis Nordsachsen.

Minijobs

Quelle: WSI, eigene Darstellung DGB Sachsen. Daten Bundesagentur für Arbeit, Stichtag 31.6.2021

Von den 208.340 geringfügig Beschäftigten, waren 135.137 Personen ausschließlich geringfügig entlohnt und 72.968 Personen im Nebenjob geringfügig beschäftigt.

In allen Städten und Landkreisen in Sachsen liegt die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigen (im Diagramm grün) deutlich über denen im Nebenjob (im Diagramm gelb).

Minijobs

Quelle: WSI, eigene Darstellung DGB Sachsen. Daten Bundesagentur für Arbeit, Stichtag 31.6.2021

Ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte, die nur einen Minijob und keine andere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben, zahlen nicht in die Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung ein und haben dementsprechend keinen Anspruch auf Leistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld. Sie tragen ein hohes Risiko bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder auch während einer Pandemie.

Minijobs sind nicht krisenfest

Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Minijobs auch nicht krisenfest sind. Minijobber wurden ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld auf die Straße gesetzt. Allein in Sachsen ist die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten in der Pandemie um fast 20.000 zurückgegangen.

Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten ist vom 31.03.2019 zum 31.03.2021 um 19.843 Personen zurückgegangen. Davon waren 12.246 bzw. 62% Frauen. Minijobs sind weggefallen und Beschäftigte haben sich bessere und sichere Jobs gesucht. Zum 31.06.2021 sind die Zahlen der ausschließlich Beschäftigten wieder leicht angestiegen.

Branchenschwerpunkte von Minijobs

Zwischen den Branchen gibt es deutliche Unterschiede bei der Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten in Sachsen. Besonders hoch sind die Zahlen im Handel, im Dienstleistungsbereich und im Gastgewerbe. Aber auch im Verarbeitenden Gewerbe, Gesundheitswesen oder Baugewerbe gibt es Minijobs.

Minijobs

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Daten zum Stichtag 31.6.2021, eigene Darstellung DGB Sachsen.

Zieht man noch die Zahlen für die ausgeübten Tätigkeiten hinzu, handelt es sich sehr häufig um Verkaufsberufe (15.041), Verkehr und Logistik ohne Fahrzeugführer (14.707), Reinigungsberufe (14.598), Büro und Sekretariat (14.474), Lagerwirtschaft, Post, Zustellung, Güterumschlag (14.166) oder Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe (10.440).

Frauen sind in der Überzahl

Bei den oben aufgeführten Berufen sind Frauen zum Teil überrepräsentiert und daher verwundert es nicht, dass Frauen häufiger geringfügig entlohnt beschäftigt sind als Männer. Bei den ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten liegt ihr Anteil in ganz Sachsen bei 53% und bei denen im Nebenjob sogar bei 57%.

Minijobs

Quelle: WSI, eigene Darstellung DGB Sachsen. Daten Bundesagentur für Arbeit, Stichtag 31.6.2021

Die Anteile von Frauen (im Diagramm grau) und Männern (im Diagramm orange) unterscheiden sich regional.

Billiglöhne für Fachkräfte

Auch mit Blick auf die Fachkräfteentwicklung in Sachsen wäre eine Ausweitung der Minijobs fatal. In Sachsen verfügen über 73% der geringfügig entlohnten Beschäftigten über einen anerkannten Berufsabschluss oder akademischen Abschluss. Bei den ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten sind es 65%.

Wer nach Fachkräften ruft, muss sie auch ordentlich beschäftigen und bezahlen. Im Wettbewerb um Fachkräfte braucht es keine prekäre Beschäftigung, sondern gute tarifgebundene Arbeit mit einer beruflichen Zukunftsperspektive in Sachsen. Fachkräfte lassen sich mit Minijobs weder gewinnen noch dauerhaft halten.

Minijobs in der Mehrzahl in kleinen Betrieben

Die Zahl von geringfügig Beschäftigten unterscheidet sich auch deutlich nach Betriebsgrößen. Gemäß einer aktuellen Sonderauswertung des DGB Bundesvorstands In Sachsen sind fast 38% der geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse in Unternehmen bis neun Beschäftigen. In Unternehmen von 10 bis 49 Beschäftigte sind es fast 30%, von 50 bis 249 Beschäftigte sind es fast 18% und bei Unternehmen ab 250 Beschäftigten rund 15%.

Dies ist höchst problematisch, da das IAB jüngst in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Minijobs in Kleinbetrieben mit bis zu neun Beschäftigten sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verdrängen. Ein zusätzlicher Minijob ersetze dort im Mittel eine halbe durchschnittliche sozialversicherungspflichtige Stelle. Knapp 500.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse seien bundesweit betroffen gewesen.

Minijobs jetzt stoppen und nicht ausbauen!

Minijobs führen die Beschäftigten in eine Sackgasse und geradewegs in die Altersarmut. Bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder während der Pandemie, haben sie keinen sozialen Schutz. Wie Untersuchungen zeigen, sind Minijobs auch kein Sprungbrett in sozialversicherungspflichte Beschäftigung.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, Minijobs zu stoppen und nicht mit der Erhöhung der Verdienstgrenze von 450 Euro auf 520 Euro weiter auszubauen. Das ist der falsche Weg.

Gute Arbeit geht nur mit Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro!

 

Die ganze Info auf zwei Seiten zum Download:


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