Zum Equal Pay Day und zum Frauentag rückt alljährlich das Thema Entgeltgleichheit von Frauen und Männern in den Fokus. So auch in diesem Jahr. Laut Statistischem Landesamt lag die Lohnlücke von Frauen und Männern im Jahr 2024 in Sachsen über alle Branchen hinweg bei 7 Prozent und ist demnach gegenüber 2023 um zwei Prozentpunkt gefallen. Wir schauen hier anhand der Daten des IAB für Sachsen und die Landkreise genauer hin.
Durchschnittliche Tagesentgelte
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat am 5. März 2025 Daten zum Regionalen Gender Pay Gap1 veröffentlicht. Darunter die durchschnittlichen Tagesentgelte von Männern und Frauen. Der Abstand von Frauen zu Männern beträgt in Sachsen 8,04 Euro. In ganz Deutschland beträgt der Abstand von Frauen zu Männern 23,78 Euro und in Westdeutschland 26,79 Euro täglich. Der Abstand ist in Sachsen also deutlich geringer. Gleichzeitig müssen wir konstatieren, dass der Abstand zwischen Frauen und Männern in Sachsen, Deutschland und Westdeutschland sogar gestiegen ist. Das ist keine gute Entwicklung.
Lohnlücke in Sachsen
Ist der geringe Abstand zwischen Frauen und Männern in Sachsen ein Grund zum Jubeln? Nein. Das heißt nämlich nicht, dass Frauen in Sachsen besonders hohe Entgelte haben. Ganz im Gegenteil. Das durchschnittliche Tagesentgelt von Frauen in Sachsen liegt mit 108,36 Euro um 14,64 Euro unter dem von Frauen in Westdeutschland!
Durchschnittliche Tagesentgelte zum 30.06.2023
Die durchschnittlichen Tagesentgelte von Frauen liegen in Sachsen zwischen 95,09 Euro im Erzgebirgskreis und 120,29 Euro in der Stadt Dresden. In allen Städten und Landkreisen liegen sie unter dem durchschnittlichen Tagesentgelt von Frauen im Westen (123,00 Euro). Dieses Bild kennen wir auch von den Medianlöhnen. Der Medianlohn von Frauen in Sachsen liegt monatlich um 434 Euro unter dem von Frauen in Westdeutschland.
Lohnabstand von Männern in Ost zu West ist enorm
Warum ist die Lücke also in Sachsen deutlich kleiner als die in Westdeutschland? Ein wesentlicher Grund ist, dass die Löhne von Männern in Sachsen denen in Westdeutschland noch deutlicher hinterherhinken. Das durchschnittliche Tagesentgelt von Männern in Sachsen liegt um 33,39 Euro unter dem von Männern in Westdeutschland! Die Lücke ist also mehr als doppelt so groß, als bei den Frauen.
Die durchschnittlichen Tagesentgelte von Männern liegen in Sachsen zwischen 101,79 Euro im Erzgebirgskreis und 133,71 Euro in der Stadt Dresden. Damit liegen sie in allen Städten und Landkreisen unter dem durchschnittlichen Tagesentgelt von Männern im Westen (149,79 Euro).
Den enormen Abstand zwischen Ost und West bestätigen auch die Daten zu den Medianlöhnen. Dieser liegt bei Männern in Sachsen um 876 Euro monatlich unter dem von Männern in Westdeutschland.
Fazit: Sachsen taugt nicht als Vorbild
Vorbild Sachsen? Ganz und gar nicht. Eine geringe Lohnlücke zwischen Frauen und Männern aufgrund niedriger Löhne von Männern, taugt nicht als Vorbild. Die Löhne liegen insgesamt deutlich gegenüber dem Westen zurück und müssen für Frauen und Männer kräftig steigen. Lohnmauer einreißen, ist hier weiterhin unsere Devise!
Lohnlücke bei gleichen Merkmalen
Der Vergleich der durchschnittlichen Tagesentgelte ist gut, reicht aber nicht aus, um die direkte Diskriminierung von Frauen zu analysieren. Wir wollen wissen, wie die Bezahlung von Frauen und Männern mit gleicher Qualifikation, gleichem Beruf etc. aussieht.
Um die Lohnlücke bei gleichen individuellen Merkmalen zu analysieren, hilft der sogenannten bereinigte Gender Pay Gap. Dazu liegen ebenfalls aktuelle Daten des Instituts für Arbeitsmarkt und Sozialforschung (IAB) vor.
Gender Pay Gap – was ist das?
Mit dem Gender Pay Gap wird die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern bezeichnet. Beim unbereinigten Gender Pay Gap werden die durchschnittlichen Tagesentgelte von vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern verglichen und die Lücke bestimmt. Das haben wir uns auf der ersten Seite angesehen. Beim bereinigten Gender Pay Gap werden zudem bestimmte Merkmale der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer berücksichtigt. Relevant sind dabei insbesondere die Qualifikation und der Beruf.
Der bereinigte Gender Pay Gap in Sachsen
Gemäß den Ergebnissen der Analyse, liegt der bereinigte Gender Pay Gap in Sachsen mit 10,5 Prozent über dem unbereinigten mit 7,2 Prozent. Das ist außergewöhnlich und bundesweit genau andersherum. In ganz Deutschland liegt der unbereinigte Gap bei 18,0 Prozent und der bereinigte bei 14,3 Prozent. In Sachsen haben wir es also nicht nur mit einer strukturellen Diskriminierung, sondern zudem mit einer starken direkten Diskriminierung zu tun.
Klartext: Bei gleicher Qualifikation, gleichem Beruf, gleichen betrieblichen Merkmalen, gleicher Arbeitszeit etc. liegt der Gender Pay Gap zwischen Frauen und Männern in Sachsen bei 10,5 Prozent.
Das IAB war bereits 2022 in einer Studie2 im Auftrag des SMJusDEG zum Gender Pay Gap zu dem Ergebnis gekommen, dass Frauen gemäß ihrer individuellen Qualifikation und ihres Berufs in Sachsen eigentlich mehr verdienen müssten als Männer. Das Gegenteil ist aber der Fall.
In allen Landkreisen und Städten in Sachsen verdienen Frauen bei gleicher Qualifikation und gleichem Beruf weniger als Männer. Der größte bereinigte Gender Pay Gap ist in Mittelsachsen mit 12,3 Prozent, der geringste im Landkreis Görlitz mit 6,9 Prozent.
Bereinigter Gender Pay Gap nach Kreisen zum 30.06.2023
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit
Die Daten zum Gender Pay Gap zeigen, dass von gleicher Bezahlung in vielen Bereichen in Sachsen noch nicht die Rede sein kann. Dabei handelt es sich häufig um eine direkte Diskriminierung von Frauen, die trotz gleicher oder sogar besserer Voraussetzungen bezüglich Qualifikation und Beruf, schlechter bezahlt werden als Männer. Es sind weitere Anstrengungen nötig, um die Benachteiligung von Frauen bei der Bezahlung zu beseitigen und sowohl für Frauen als auch für Männer die Angleichung der Löhne Ost an West weiter zu forcieren.
Entgeltgleichheit in Sachsen
Auch im Jahr 2024 haben wir gemeinsam mit dem SMJusDEG unser Modellprojekt „Entgeltgleichheit“ fortgesetzt. Hierbei werden Maßnahmen zur Information und Beratung über die Themen Entgeltgleichheit und Entgelttransparenz für Beschäftigte im Freistaat Sachsen erarbeitet. Das Ziel ist es, die Lohnlücke in Sachsen zu schließen. Die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie muss nun zügig erfolgen.
Tarifbindung und Mitbestimmung stärken
Tarifverträge schützen vor Unterschieden in der Bezahlung nach Geschlecht und die Betriebs- und Personalräte achten auf die Eingruppierung nach Qualifikation. Sie sind wichtige Player bei der Durchsetzung von Entgeltgleichheit. Die Stärkung der Tarifbindung und Mitbestimmung bedeutet also auch die Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt. Deshalb machen sich die DGB-Frauen in Sachsen für eine Stärkung der Tarifbindung in Sachsen stark und fordern die Tarifwende. Sachsen liegt mit 43 Prozent Tarifbindung bei den Beschäftigten bundesweit auf den hinteren Plätzen. Ein wichtiger Hebel ist die Einführung von Tariftreue im Sächsischen Vergabegesetz.
Entgelttransparenz flächendeckend umsetzen
Dass Entgeltgleichheit keine Verhandlungssache, sondern das Recht von Frauen ist, hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden. Jetzt muss Entgeltgleichheit aber flächendeckend in den Betrieben ankommen. Dabei spielen die Betriebs- und Personalräte eine bedeutende Rolle. Der DGB Sachsen hat dazu eine Handlungshilfe veröffentlicht.
Frauen stärker fördern
Weiter sind Anstrengungen zur Aufwertung sozialer Berufe, zum Ausbau sozialer Dienstleistungen, für bessere Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen, zur Förderung weiblicher Führungskräfte, zur Stärkung der Weiterbildungsmöglichkeiten sowie zum Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten notwendig.
Sorgearbeit gerecht aufteilen
Außerdem muss der Rückfall in überholte Geschlechterrollen verhindert, Geschlechterstereotype überwunden und Sorgearbeit gleichberechtigt aufgeteilt werden.
Weitere Informationen:
1 IAB: Regionale Unterschiede im Gender Pay Gap in Deutschland 2023 Regionale Unterschiede im Gender Pay Gap in Deutschland 2023 - IAB - Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
2 IAB-Regional • IAB Sachsen 2|2022 Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede in Sachsen in Zeiten der Corona-Pandemie (iab.de)
Download der Kurzinformation #aktuell „Entgeltgleichheit: Lohnlücke endlich schließen“