Geringe Tarifbindung in Sachsen führt zu Milliardenschaden für die Allgemeinheit

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Ordnungsnummer 50

Der DGB Sachsen hat heute in Dresden die negativen Auswirkungen der geringen Tarifbindung in Sachsen auf die Allgemeinheit kritisiert und einen umfassenden nationalen Aktionsplan für mehr Tarifverträge gefordert.

„Die geringe Tarifbindung in Sachsen bedeutet nicht nur weniger Geld im Portemonnaie der Beschäftigten, sondern auch einen Milliardenschaden für die Allgemeinheit. Niedrige Löhne führen zu enormen Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen und bei den Steuern. Tarifflucht kommt uns damit alle teuer zu stehen. Klamme Kassen bei den Sozialversicherungen, bei Bund, Ländern und Kommunen sind Folgen der Tarifflucht und damit fehlender Einnahmen. Wir können es uns schlicht nicht leisten, dass sich Unternehmen ohne Tarifvertrag auf dem Rücken der Beschäftigten und der Allgemeinheit einen schlanken Fuß machen“, sagte der sächsische DGB-Chef Markus Schlimbach.

Neueste DGB-Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen: Durch Lohndumping und fehlende Tarifbindung in Sachsen haben die Sozialversicherungen jährlich rund 2,8 Milliarden Euro weniger Einnahmen. Zusätzlich entgehen dem Staat etwa 1,6 Milliarden Euro an Einkommensteuereinnahmen. Die mangelnde Tarifbindung schmälert zugleich die Kaufkraft der Beschäftigten erheblich: Wer in Sachsen nicht nach Tarif bezahlt wird, hat im Jahresdurchschnitt über alle Branchen hinweg netto rund 4.000 Euro weniger auf dem Lohnzettel. Hätte Sachsen eine flächendeckende Tarifbindung, stünden den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jährlich insgesamt rund 3,9 Milliarden Euro mehr zur Verfügung.

„In Sachsen arbeiten nur 41 Prozent der Beschäftigten mit einem Tarifvertrag. Die Beschäftigten und Gewerkschaften haben in den letzten Jahren zahlreiche neue Tarifverträge erkämpft. Vom Tarifland Sachsen sind wir aber noch weit entfernt. Wir gehen deshalb für eine Tarifwende in die Offensive und fordern die Politik auf, endlich die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Tarifbindung zur Regel wird“, so Schlimbach.

Die Bundesregierung steht im Rahmen der EU-Mindestlohn-Richtlinie in der Pflicht, bis Jahresende einen nationalen Aktionsplan mit wirksamen Maßnahmen zur Erhöhung der Tarifbindung vorzulegen.

„Ein wichtiges Instrument ist, dass öffentliche Aufträge und Fördermittel grundsätzlich nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden. Deshalb muss die Koalition im Bund schnell das Bundestariftreuegesetz beschließen. In Sachsen muss schleunigst die Modernisierung des Vergabegesetzes mit einer Tariftreueregelung und einem vergabespezifischen Mindestlohn eingeführt werden. Das ist längst überfällig und im Koalitionsvertrag vereinbart“, so Schlimbach.

Die Arbeitgeber in Sachsen forderte Schlimbach auf, ihre eigene Zukunftsfähigkeit nicht länger zu gefährden. „Mit Billiglöhnen ist jetzt vielleicht noch der ein oder andere öffentliche Auftrag zu ergattern. Auf längere Sicht werden die Unternehmen aber keine Fachkräfte mehr haben, um Aufträge auszuführen. Die Beschäftigten stimmen mit den Füßen ab, wenn die Löhne und Arbeitsbedingungen mies sind“, so Schlimbach.

Hintergrund:

Die DGB-Berechnungen basieren auf der jüngsten Verdiensterhebung (VE), die das Statistische Bundesamt zuletzt für das Jahr 2024 erhoben hat.

Die konkreten Vorschläge des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften für den nationalen Aktionsplan sind in einem 14‑Punkte‑Positionspapier zusammengefasst.

Kurzfassung: https://www.dgb.de/fileadmin/download_center/Positionen_und_Thesen/240725_nationaler_Aktionsplan_St%C3%A4rkung_Tarifbindung_kurz.pdf
Langfassung: 
https://www.dgb.de/fileadmin/download_center/Positionen_und_Thesen/2024_05_27_Positionspapier_Aktionsplan_final.pdf

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