Arbeitsunfälle können in allen Berufen passieren. Bei der Arbeit an Maschinen, auf der Baustelle, bei der Gebäudereinigung oder als Zimmermädchen. Wenn ein Unfall eintritt, ist es wichtig zu wissen, was zu tun ist. Deshalb haben wir hier einige grundsätzliche Informationen zusammengestellt. Sie gelten für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber in Deutschland haben. Selbstverständlich auch für Grenzgänger, die in Deutschland arbeiten und in Tschechien oder Polen leben.
Bin ich als Grenzgänger in Deutschland versichert?
Ja, alle Arbeitnehmer in einem Betrieb sind in Deutschland automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Der Versicherungsschutz gilt für Voll- und Teilzeitbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte, Minijobber und Praktikanten. Das gilt unabhängig von der Höhe des Einkommens, des Alters, der Nationalität und des Wohnortes. Ihr Wohnort im Ausland spielt also keine Rolle. Der Versicherungsschutz beginnt mit dem ersten Tag der Beschäftigung.
Wer bezahlt den Beitrag zur Versicherung?
Die Unfallversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine Pflichtversicherung. Aber nicht Sie müssen diese abschließen, sondern Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie bei der Berufsgenossenschaft zu versichern und er bezahlt die Beiträge. Für die unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen gibt es unterschiedliche Berufsgenossenschaften und unterschiedlich hohe Beiträge, je nach Gefährdungsklasse. Sind Sie als Leiharbeiter im Betrieb, dann ist für Sie die Berufsgenossenschaft Ihres Zeitarbeitsunternehmens zuständig und nicht des Betriebs, in dem Sie eingesetzt sind.
Was ist versichert?
Die Versicherung umfasst in Deutschland Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten.
Was gilt als Arbeitsunfall?
Als Arbeitsunfälle gelten Unfälle, die Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit oder auf den täglichen Arbeitswegen und Dienstwegen erleiden und die in einem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Dazu gehören z.B. auch Unfälle
- auf mit der Arbeit verbundenen Dienstfahrten
- beim Betriebssport
- bei vom Unternehmen veranstalteten Betriebsfeiern und Ausflügen.
Entscheidend ist, dass die Tätigkeit dem Unternehmen und nicht privaten Zwecken dient. Nicht versichert sind deshalb z.B. Essen, Trinken, Schlafen, Einkaufen, Spazierengehen. Auch Unfälle in Kantine und Toilette sind nicht versichert – nur Unfälle auf dem Weg dorthin.
Was gilt als Wegeunfall?
Wegeunfälle sind Unfälle auf dem direkten Weg zur Arbeit oder zurück. In der Regel beginnt dieser mit dem Verlassen des Wohnhauses und endet mit dem Erreichen der Arbeitsstätte. Dies gilt auch bei grenzüberschreitenden Wegen. Versichert sind auch sogenannte Heimfahrten von Arbeitnehmern die nur am Wochenende nach Hause fahren und während der Woche in einer Zweitwohnung nahe der Arbeitsstelle wohnen.
Der Versicherungsschutz besteht auch auf Umwegen, die notwendig werden,
- um Kinder während der Arbeitszeit unterzubringen,
- bei Fahrgemeinschaften,
- bei Umleitungen oder
- weil der Arbeitsplatz über einen längeren Weg zügiger erreicht werden kann.
Kein Versicherungsschutz besteht:
- während einer Unterbrechung des Weges (z.B. Einkauf)
- bei Umwegen, die aus privaten Gründen erfolgen
- in der Regel bei Abwegen (d. h. Wege, die nicht in Richtung Wohnung oder Arbeitsstätte führen)
Hinweis: Wird der Weg aus privaten Gründen länger als zwei Stunden unterbrochen, steht der restliche Weg nicht mehr unter Versicherungsschutz!
Was muss ich bei einem Arbeits- oder Wegeunfall tun?
Wenn Sie in Deutschland einen Unfall hatten, sollten Sie am besten einen sogenannten Durchgangsarzt aufsuchen. Das sind Ärzte, die eine spezielle Zulassung von der Berufsgenossenschaft haben. Passiert der Unfall im Betrieb, weiß Ihr Arbeitgeber in der Regel, wo ein Durchgangsarzt in der Nähe seine Praxis hat. Haben Sie auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall und wissen nicht, wo ein Durchgangsarzt zu finden ist, können Sie auch anderer Ärzte aufsuchen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Sie an Ihrem Wohnort in Tschechien und Polen zum Arzt gehen.
Wichtig: Sagen Sie dem Arzt gleich zu Beginn, dass es sich um einen Arbeits- oder Wegeunfall handelt.
Außerdem müssen Sie den Arbeits- oder Wegeunfall so schnell wie möglich Ihrem Arbeitgeber melden. Arbeitsunfälle müssen vom Arbeitgeber per "Unfallanzeige" gemeldet werden, wenn sie eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge haben. Generell sollten aber alle Unfälle in einem Betrieb erfasst werden. Meldepflichtig ist der Arbeitgeber. Ein Arbeitsunfall muss binnen drei Tagen nach dem Ereignis gemeldet werden.
Tipp: Notieren Sie sich Datum, Zeit und Zeugen für mögliche Rückfragen. Arbeitnehmer haben das Recht auf eine Kopie der Unfallanzeige. Auch Betriebs- und Personalräte erhalten ein Exemplar. Diese Dokumentation kann bei Spätfolgen wichtig sein.
Wie läuft die Anerkennung eines Arbeits- oder Wegeunfalls ab?
Der zuständige Unfallversicherungsträger prüft, ob alle Voraussetzungen eines Arbeits- bzw. Wegeunfalls vorliegen. Dabei können sowohl Sie als Verletzter, als auch Ihr Arbeitgeber oder Zeugen des Unfalls befragt werden. Geprüft wird, ob ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. In Zweifelsfällen werden Gutachten erstellt. Sie erhalten einen schriftlichen Bescheid, ob der Arbeitsunfall anerkannt oder abgelehnt wurde.
Kann ich gegen eine Ablehnung vorgehen?
Ja. Dabei sollten Sie sich rechtlich beraten lassen. Wenn Sie mit der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Ändert der Unfallversicherungsträger seine Entscheidung nicht, steht Ihnen der Klageweg vor dem Sozialgericht offen.
Für Gewerkschaftsmitglieder gibt es kostenfreien Rechtsschutz. Er hilft bei juristischen Auseinandersetzungen rund um das Arbeitsleben. Bei Meinungsverschiedenheiten mit der Berufsgenossenschaft hilft der Sozialrechtsschutz – ebenfalls kostenfrei. Mitglied werden lohnt sich!
Welche Leistungen erhalte ich als Grenzgänger bei einem Arbeits- oder Wegeunfall?
Die Unfallversicherung umfasst Sachleistungen, wie medizinische Versorgung und Rehabilitation und Geldleistungen, wie Verletztengeld, Übergangsgeld, Pflegegeld, Renten und Leistungen an Hinterbliebene. Mehr Infos zu den Leistungen gibt es hier.
Bei der Inanspruchnahme der Leistungen gibt es Unterschiede zwischen Geld- und Sachleistungen.
Von wem erhalte ich als Grenzgänger bei einem Arbeits- oder Wegeunfall Geldleistungen?
Geldleistungen werden grundsätzlich vom zuständigen Träger des Beschäftigungslands nach den dort geltenden Rechtsvorschriften gewährt. Wenn Sie in Deutschland unfallversichert sind, erhalten Sie die Geldleistungen also auch dann von der deutschen Unfallversicherung, wenn Sie in Tschechien oder Polen wohnen (VO (EU) 883/2004, Artikel 36).
Von wem erhalte ich als Grenzgänger bei einem Arbeits- oder Wegeunfall Sachleistungen?
Wenn Sie einen Arbeitsunfall in Deutschland hatten und in Polen oder Tschechien wohnen, können Sie am Arbeitsort zum Durchgangsarzt gehen. Die Kosten übernimmt die Deutsche Unfallversicherung, bei der Sie versichert sind. Sie haben aber auch Anspruch auf Sachleistungen am Wohnort in Tschechien oder Polen. Die Sachleistungen werden dann vom Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften erbracht, als ob Sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären (Sachleistungsaushilfe).
Hinweis: Um sich nach einem Arbeitsunfall im Wohnsitzstaat ärztlich behandeln zu lassen, wird in der Regel der Nachweis einer bestehenden Krankenversicherung akzeptiert (z.B. Europäische Krankenversicherungskarte – „EHIC“). Die für die Sachleistungsaushilfe vorgesehene Bescheinigung DA 1 (vorher E 123) der Unfallversicherung wird in der Regel erst nach Prüfung des Unfallgeschehens ausgestellt und dann an die Verbindungsstelle im Staat des Wohnsitzes und/oder an Sie als Versicherten geschickt.
Betriebsräte bestimmen mit!
In Deutschland gibt es im Unterschied zu Polen und Tschechien keine gewerkschaftlichen Grundorganisationen im Betrieb. Bei betrieblichen Problemen sind die Betriebsräte wichtige Ansprechpartner. Der Betriebsrat ist die gesetzliche Interessenvertretung im Betrieb. Der Betriebsrat überwacht, dass die geltenden Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen vom Arbeitgeber eingehalten werden. Der Betriebsrat sorgt auch für den Arbeits- und Gesundheitsschutz!