Löhne in Sachsen: Tarifbindung stärken - Tarifwende jetzt!
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Kurzinfo23. September 2025
Datei herunterladenWir machen uns gemeinsam für bessere Löhne in Sachsen stark. Die Lohnlücke zwischen Ost und West muss eingerissen werden.
Die Löhne in Sachsen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Das ist vor allem den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften zu verdanken, die sich mutig für mehr Tarifverträge und höhere Löhne stark machen. Auch der Fachkräftebedarf wirkt sich auf die Erhöhung der Löhne aus. Viele Beschäftigte in Sachsen sind nicht mehr bereit, für niedrige Löhne zu arbeiten und stimmen zunehmend mit den Füßen ab. Die Zahl der Beschäftigten, die in andere Bundesländer zur Arbeit pendeln steigt weiter an. Auch die Einführung und Erhöhung des Mindestlohns hat zur Erhöhung der Löhne geführt.
Im bundesweiten Vergleich liegen die Löhne in Sachsen aber noch deutlich unter den Löhnen in Westdeutschland. Das liegt vor allem an der geringen Tarifbindung in Sachsen. Die Tariflöhne sind fast vollständig angeglichen. Ein Grund mehr, sich für die Tarifwende in Sachsen stark zu machen. Tarifverträge müssen auch in Sachsen endlich zur Normalität und nicht zur Ausnahme werden.
Einmal im Jahr veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit Daten zu den monatlichen Medianlöhnen von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in den Bundesländern und Kreisen. Medianlohn heißt, dass 50 Prozent der Beschäftigten mehr und 50 Prozent weniger verdienen. Der Medianlohn zum 31.12.2024 ist gegenüber dem Vorjahr in Sachsen um 206 Euro monatlich bzw. 6,5 Prozent gestiegen. Bundesweit lag die Steigerung bei 218 Euro bzw. 5,7 Prozent. Die Lücke zwischen den Löhnen in Sachsen und Westdeutschland konnte also im Unterschied zu den Vorjahren nicht weiter geschlossen werden.
Die mittleren Monatsentgelte liegen mit 3.388 Euro in Sachsen deutlich unter denen in Westdeutschland mit 4.117 Euro. Eine Lohnlücke von 729 Euro monatlich ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber auch gegenüber dem Medianlohn in Ostdeutschland in Höhe von 3.539 Euro liegt Sachsen noch zurück. Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Lohnlücken zu schließen.
Im bundesweiten Vergleich liegt der Erzgebirgskreis auf dem letzten Platz und der Landkreis Görlitz auf dem drittletzten Platz. Auch der Vogtlandkreis und der Landkreis Mittelsachsen finden sich bundesweit unter den letzten zehn Plätzen. Auf dem Spitzenplatz liegt die Stadt Ingolstadt mit einem Medianlohn von 5.855 Euro monatlich.
MATTHIAS RIETSCHEL
Wenn im Erzgebirge oder Görlitz Beschäftigte zwei Vollzeitstellen haben müssten, um auf den mittleren Lohn einer Vollzeitstelle in Ingolstadt zu kommen, dann kann von Lohngerechtigkeit keine Rede sein.
Die Höhe der Medianlöhne unterscheidet sich deutlich zwischen den Branchen. Die Spanne liegt zwischen 5.092 € bei der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen und 2.395 € in der Leiharbeit.
Gegenüber 2021 sind die Medianlöhne in allen Wirtschaftszweigen gestiegen, besonders stark im Gastgewerbe mit einem Plus von 604 Euro. Endlich kommt auch Bewegung in diese Branche, die bei den Löhnen lange die rote Laterne hatte.
Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich (unter 2.676 Euro monatlich) liegt in Sachsen mit 24,6 Prozent der Beschäftigten deutlich höher als in Westdeutschland mit 14,1 Prozent und auch höher als in Ostdeutschland insgesamt mit 22,2 Prozent.
Positiv ist, dass die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten gegenüber dem Jahr 2021 um 67.018 Beschäftigte zurückgegangen ist.
Eine wesentliche Ursache für den Rückgang ist die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober 2022. Die Erhöhung hat nicht nur dazu geführt, dass damit in Sachsen rund 314.000 zum Mindestlohn Beschäftigte mehr Geld in der Tasche hatten, sondern sie hat durch Verschiebungen im Lohngefüge auch weiteren Beschäftigten höhere Löhne gebracht.
Ein Grund zur Zufriedenheit ist das aber nicht. Zu viele Beschäftigte in Sachsen sind von Niedriglöhnen betroffen. Bundesweit den höchsten Anteil haben die Landkreise Erzgebirge mit 34,9 Prozent und Görlitz mit 33,9 Prozent, den niedrigsten hat Wolfsburg mit 5,0 Prozent.
In allen Landkreisen und Städten in Sachsen ist die Zahl der Beschäftigten im Niedriglohnsektor zurückgegangen.
Einige Gründe für den hohen Anteil der Beschäftigten mit geringer Entlohnung in Sachsen sind bekannt, nicht neu und müssen endlich gezielt angegangen werden.
Gute Löhne gibt es nur mit Tarifvertrag. Bei der Tarifbindung steht Sachsen aber mit lediglich 41 Prozent der Beschäftigten und 15 Prozent der Betriebe gar nicht gut da. Die Tarifbindung und die Wichtigkeit von Tarifverträgen in Sonntagsreden zu beschwören, reicht nicht mehr. Es muss jetzt gehandelt werden, indem besser Rahmenbedingungen für eine höhere Tarifbindung geschaffen werden. Eine entscheidende Stellschraube ist, öffentliche Mittel nur noch an Unternehmen mit Tarifvertrag zu vergeben. Was in anderen Bundesländern bereits geregelt ist, wird in Sachsen von der CDU blockiert. Viel zu lange wurden in Sachsen öffentliche Mittel für Billiglöhne eingesetzt. Wir brauchen jetzt eine Tariftreueregelung und einen vergabespezifischen Mindestlohn für das Land und die Kommunen im sächsischen Vergabegesetz!
Auf Bundesebene muss jetzt das Tariftreuegesetz beschlossen und eingeführt werden. Weiter muss der „Ohne-Tarif-Mitgliedschaft“ in Arbeitgeberverbänden ein Riegel vorgeschoben werden, damit sich Unternehmen nicht aus der Tarifbindung herausstehlen können. Hier gibt es mehr Infos zur Tarifbindung in Sachsen.
Betriebs- und Personalräte sorgen dafür, dass die Beschäftigten nach Qualifikation, Kompetenzen und Aufgaben eingruppiert werden. Sie sind damit in den Betrieben wichtige Garanten für eine angemessene Entlohnung, für gute Arbeitsbedingungen, hochwertige Aus- und Weiterbildung etc. Ihre Arbeit muss gestärkt und darf nicht behindert werden. Hier gibt es mehr zur Mitbestimmung.
Die Qualifikation hat einen wesentlichen Einfluss auf die Tätigkeit der Beschäftigten und auf die Entlohnung. Der Medianlohn von Beschäftigten ohne Berufsabschluss liegt mit 2.622 Euro um 766 Euro unter dem aller Beschäftigten in Sachsen. Mit einem anerkannten Berufsabschluss liegt er bei 3.197 Euro und mit einem akademischen Berufsabschluss bei 5.081 Euro. Ähnlich sieht die Spreizung der Medianlöhne nach Tätigkeiten aus. Bei Beschäftigten mit Helfertätigkeiten liegt der Medianlohn bei 2.638 Euro, bei Fachkräften bei 3.122 Euro, bei Spezialisten bei 4.119 Euro und bei Experten bei 5.379 Euro.
Dem entsprechend muss die Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten gestärkt werden. Die Ausbildungsbedingungen von jungen Menschen müssen verbessert und die unbefristete Übernahme garantiert werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Strukturwandels werden die Kompetenzen der Beschäftigten eine immer wichtigere Rolle spielen. Auch der gesetzliche Anspruch auf 5 Tage Bildungszeit in Sachsen muss zügig durch ein Bildungsfreistellungsgesetz umgesetzt werden.
Häufig wird die Attraktivität Sachsens für Fachkräfte aus dem In- und Ausland beschworen. Beschwörungen helfen aber nicht, wenn die Realität anders aussieht. Wer Fachkräfte anwerben und halten will, kann mit niedrigen Löhnen im Wettbewerb um die Köpfe nicht bestehen. Das gilt auch bei der Anwerbung im Ausland. Der Medianlohn von Ausländerinnen und Ausländern liegt in Sachsen mit 2.733 Euro um 655 Euro unter dem aller Beschäftigter in Sachsen.
Die Beschäftigten erwarten zu Recht ordentliche und ihrer Qualifikation entsprechende Löhne. Mit niedrigen Löhnen und Tätigkeiten im Helferbereich wird Sachsen für Zuwanderung aus dem In- und Ausland nicht attraktiv sein. Andere Bundesländer bieten bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
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